Blogito, ergo sum.

Die Entstehung der Ewigkeit

Dass für uns Dinge existieren, ist nicht von der Hand zu weisen. Wir nehmen Dinge wahr und unser Bewusstsein sieht sich mit etwas konfrontiert. Wir haben keine stichhaltigen Gründe davon auszugehen, dass nichts existiert.

Darüber hinaus haben wir in unseren Methoden im Umgang mit unserer Umwelt gelernt, dass Dinge entstehen und vergehen. Dies trifft auf alles zu, was wir als Phänomene wahrnehmen können. Jede Sache entsteht und vergeht. Jede Idee entsteht und vergeht, Materie und Energie sind in einem ewigen Wechselspiel.

Die Denkfigur

Die menschliche Fähigkeit der Abstraktion hat auch festgestellt, dass jede Ursache auch selbst eine Ursache hat. Das bedeutet sofort, dass diese Ursache der Ursache nicht Nichts sein kann, denn Nicht hat per definitionem keine Eigenschaften und keine Bestimmung (nichts, das es näher bestimmt). Die Ursache einer bestimmten Ursache kann also nicht Nichts sein.

Denn wenn etwas keine Eigenschaften hat, ist es unmöglich, dass daraus etwas bestimmtes Hervorgehen kann. Anders herum – aus dem Nichts kann alles entstehen, da nur Alles das unbestimmte Existieren beschreibt. Aus dem Nicht kann also nur Existenz selbst – Alles – hervorgehen.

Das Alles ist also bestimmungslose Existenz, unbestimmtes Sein. Durch seine Eigenschaft alles zu sein, also die Abstraktion alles Seienden, kann es keine Bestimmung haben, denn diese Bestimmung würde alles, das zu dieser Bestimmung einen Unterschied macht, ausschließen. Das Alles ist also die andere Seite der Medaille, wenn Bestimmungslosigkeit betrachtet wird. Diese hat die zwei Seiten der unbestimmten Existenz und der unbestimmten Ursache.

Zwei verquickte Abstraktionen

Das Problem dieser Denkfigur ist nun, dass sie notwendigerweise aus der Phänomenologie unseres Bewusstseins abgeleitet ist. Man kann für jedes bestimmte Einzelding eine Ursache ausmachen und deshalb setzen wir auch für das Alles als Begriff, als Einzelding, eine Ursache. Dies ist die erste Abstraktion, nur die bei allen Einzeldingen, die nicht Alles sind, keine Widersprüche erzeugt. Doch beim Betrachten des Dinges Alles uns in die obige Denkfigur hinein leitet.

Man kann auch sofort ausmachen, warum Alles nicht als Einzelding betrachtet werden darf, da es per definitionem eben genau nicht ein Einzelding ist, sondern das, was allen Einzeldingen gemein ist. Man begeht also einen logischen Fehler, wenn man die phänomenologisch gefundenen Eigenschaften aller Einzeldinge auf deren Abstraktion überträgt. Andererseits kann man die Eigenschaft, eine Ursache zu haben, für das Alles auch nicht einfach fallen lassen, da ja eben jedes Einzelding, dessen Abstraktion das Alles ist, einen Anfang, eine Ursache hat. Was für eine Abstraktion wäre das Alles, wenn sich diese Eigenschaft nicht erhalten würde? Treibt man den Denkprozess der Abstraktion auf die Spitze, ist somit das Alles auf sich selbst verwiesen. Denn wenn man es als Einzelding auffasst, ist Alles die Abstraktion aller Einzeldinge – also auch von sich selbst!

Betrachtet man nun die Einzeldinge als aus etwas anderem Entstanden, so kann man für all diese Dinge aus denen etwas entsteht die gleiche Abstraktion vollführen. Wir sind auf der Suche nach der Abstraktion von allen Dingen aus denen etwas anderes Entsteht – die Abstraktion aller Ursachen. (Der Begriff des Entstehens ist hier nicht gerichtet zu sehen, es ist genauso auch Vergehen gemeint.) Als eine solche Abstraktion kann es jedoch keine Bestimmung enthalten, da sonst daraus nicht mehr alle Einzeldinge entstehen könnten, denn durch das Bestimmen würden wir auch bestimmen/einschränken was daraus entstehen kann. Außerdem muss es verschieden von dem Alles sein, denn das Alles ist hier das, was entsteht. Logisch und phänomenologisch bleibt nur noch das Nichts als der Ursprung aller Dinge.

Wir sind nun in einer zum Alles analogen Situation. Wieder ist das Nichts als Begriff auf sich selbst verwiesen, da das Nichts auch aus etwas entstehen muss, was wieder davon ausgeht, dass das Nichts allen anderen Einzeldingen gleicht. Andererseits kann das Nichts auch nicht aus dem Nichts entstehen, da es ja eben das ist, aus dem jedes Einzelding hervorgeht. Es entsteht der gleiche Zirkelschluss.

In der Selbstverwiesenheit von Alles als auch Nichts finden wir auch, dass im Prozess der Selbstverweisung die beiden Begriffe die Rollen tauschen. Wenn Nichts aus dem Nichts entsteht, so ist einmal Nichts das, aus dem etwas entsteht, und hat somit das Nichts als seine Abstraktion. Doch das was Entsteht, immer noch das Nichts, hat als seine Abstraktion das Alles. Wenn wir entgegengesetzt das Alles auf das Alles verwiesen finden, weil das Alles enthält, das existiert, so entsteht das Alles aus dem Alles. Doch das woraus entsteht hat als Abstraktion das Nichts und das was Entsteht, hat als seine Abstraktion das Alles.

Alles und Nichts sind als Begriffe also verschieden, aufeinander verwiesen, nicht zu unterscheidende Bestimmungslosigkeiten, und in einem ewigen Widerspruch miteinander verquickt. Dabei erstreckt sich dieser Widerspruch über unser Denken, als auch über die Phanömene.

Das Ewige

Ein diametral gegensätzlicher Entwurf ist der Begriff des Ewigen. Denn das Ewige hat per definitionem keinen Anfang und auch kein Ende. Das Ewige entzieht sich der obigen Analyse, steht also jedem der obigen Einzeldinge entgegen, da es kein Einzelding gibt, das die Eigenschaft hat ewig zu sein. Doch es ist in der Lage den obigen Widerspruch in einen Kontext zu betten, in dem er gar nicht entsteht. Denn der Widerspruch entsteht, weil wir die Idee von Ewigkeit für alles ausschließen. Für Einzeldinge ist die Eigenschaft der Ewigkeit nicht gegeben, denn schließlich finden wir hierzu immer einen phänomenologischen Gegenbeweis. Doch betrachten wir unsere Abstraktionen Alles und Nichts, so hilft es diese als ewig anzunehmen. Denn dann müssen diese eben nicht auf sich selbst verwiesen sein. Das Alles ist nicht auf sich selbst, als in sich selbst hineinfallend, verwiesen und das Nichts nicht auf das Nichts, nicht als aus sich selbst entstehend, verwiesen.

Alles und Nichts sind als Einzeldinge vergänglich, weil die Begriffe Abstraktionen von Dingen sind, die vergänglich – nicht ewig – sind. Als bloße Abstraktionen sind sie es, da sie sonst auf sich selbst verwiesen sind.

Tags: #Philosophie