Efficient Market Theory (EMT)
Wozu gibt es eigentlichen diesen freien Markt? Scheinbar benötigt man den freien Markt, nicht nur zum Handeln, sondern auch um überhaupt erst einmal den Preis einer zu handelnden Ware zu ermitteln.
Denn der wahre Preis ist letztlich unbekannt. Woher soll man diesen auch kennen? Schließlich beziehen sich Preise immer auf die Zukunft. (Ver)Käufe sind also immer mit Erwartungen an das was noch vor uns steht gebunden. Da aber niemand in die Zukunft sehen kann, ist es unmöglich an einem gegebenen Zeitpunkt den Preis einer Sache deterministisch und mit Sicherheit zu bestimmen. Was der richtige Preis gewesen wäre, lässt sich (wenn überhaupt) nur retrospektiv und damit zu spät feststellen. Das heißt, man muss den Preis einer Sache schätzen. Hier kommt letztlich der Markt ins Spiel. Wirft man seine Ware auf einen freien Markt von rational handelnden (Standardannahme) Teilnehmern, so ermittelt dieser eine Schätzung des wahren und unbekannten Preises.
Die EMT behauptet schlechthin nur eine gewisse Eigenschaft dieses Schätzvorgangs und dessen Ergebnis. Nach der EMT beinhaltet diese Schätzung des Preises über den freien Markt bereits alle Informationen, die bis zu diesem Zeitpunkt den Teilnehmern des Marktes zur Verfügung stehen. Im Grunde werden die Informationen genutzt um einen mit Wahrscheinlichkeiten gewichteten Mittelwert über alle möglichen Preisentwicklungen der Zukunft zu bilden. Das coole und gleichzeitig schwer Begreifbare an der Stelle ist, dass dieser Mittelwert von niemandem aktiv gebildet werden muss, sondern sich einfach durch das “Dem-Markt-Ausgesetztsein” bildet. Das heißt, alle Marktteilnehmer bilden als große, vernetzte und (mittlerweile) Computer gestützte Schwarmintelligenz die Preisschätzung durch ihr Handeln implizit aus. Diese Art des Schätzens von Preisen benötigt Bruchteile von Sekunden um auf neue Informationen zu reagieren. Dazu muss kein Teilnehmer als einzelner den ganzen Markt überblicken, sondern einfach seine Erwartungen in die Preisbildung mit einfließen lassen indem er an ihm teilnimmt.
Die Konsequenzen daraus sind vielfältig. Zunächst lassen sich die Warenwerte auf einem effizienten Markt nicht von Random-Walks unterscheiden. Darüber hinaus gibt es keine unterpreisten oder überpreisten Waren, da der Preis sich so einstellt (geschätzt wird), dass die Wahrscheinlichkeit den wahren Preis zu unter- oder überschätzen genau gleich, also 1/2 ist. Wäre dem nicht so, so gäbe es Informationen, die ein Steigen oder Sinken nicht gleich wahrscheinlich machen, was dazu führt, dass die Schätzung des Marktes von vorn herein anders gewesen sein muss. Ein Widerspruch.
Für den Handel mit Waren zum Zwecke der Investition ergibt sich also, dass es keine deterministische Möglichkeit gibt den Durchschnitt (einen klugen Index) des Marktes zu schlagen, da man selbst offensichtlich nicht mehr Informationen haben kann, als alle Marktteilnehmer zusammen und genau all diese Informationen in die Schätzung des Preises bereits eingeflossen sind.
Ergo: Auf einem vollständig effizienten Markt sind Investitionen, die den Zweck haben langfristig und regelmäßig den Durchschnitt des Marktes zu schlagen, reine Spekulation auf die Zukunft, bei welcher man in der Hälfte der Fälle richtig liegt und in einer Hälfte nicht.
Was geschieht nun auf einem Markt, auf dem noch keine vollständige Effizienz vorliegt? Das heißt auf diesem Markt existieren noch deterministisch und durch Analyse auffindbare Arbitragemöglichkeiten. Nun, der Mensch ist die gierigste aller Schöpfungen Gottes. Das heißt dieser Markt wird die Arbitragejäger anziehen, damit Marktteilnehmer und damit wird durch das Ausbeuten der Ineffizienz die Effizienz stetig erhöht und schlussendlich hergestellt. Das heißt also witzigerweise, dass der Glaube an die Ineffizienz auf einem Markt diesen effizient werden lässt und wenn dieser Glaube anhält, bleibt die Effizienz mit ihr auch erhalten.
Wie sieht es nun also in der Praxis aus? Was sagen die Daten? Scheinbar ist es so, dass die EMT in ihren strikten Form nicht für den Aktienmarkt gilt. Der Witz ist aber nun, dass es scheinbar dennoch niemanden gelingt auf lange Sicht durch Analyse zuverlässig und langfristig unterpreiste Aktien zu identifizieren und sie als Arbitrage zu gebrauchen. Betrachtet man beispielsweise die Menge der Aktienfonds, die aktiv von einem Broker betrieben werden, der das Ziel hat den Markt zu schlagen, und dann jene Fonds, welche es auch über einen Zeitraum von fünf Jahren geschafft haben einen Benchmarkindex (und damit den Markt) zu schlagen, so stellt man fest, dass nach Verschieben dieses Zeitfensters um nur ein Jahr in die Zukunft die Menge der Fonds, die den Index jetzt schlagen geschrumpft ist und zufällig andere hinzugekommen sind. Das heißt die Menge der Outperformer des Marktes ist eine Menge, die von einer zufällig erzeugten Menge nicht zu unterscheiden ist. Das sagen jedenfalls die Daten, die bis heute erhoben wurden.
Zusammenfassend ist also zu sagen, dass der Aktienmarkt empirisch nicht effizient ist, aber die Menge der Outperformer und Underperformer empirisch nicht von der eines vollkommen effizienten Marktes zu unterscheiden ist. Und solange es noch genug Menschen gibt, die an die Ineffizienz des Marktes glauben, desto stärker werden die empirischen Beweise des Gegenteils werden.
So long.
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