Blogito, ergo sum.

Monologe

So trug es sich zu, dass ein Wanderer des Geistes sich eines Tages durch die Straßen einer großen Stadt zu stehlen suchte. Er war schon eine ganze Weile auf seinem Weg und plötzlich hatte er sein Ziel vor Augen. Er erkannte diese belebte Straße sofort. Das war sie, wo er seinen Geist ergießen wollte. Er wollte vor die Menschen in dieser belebten Gegend sein Wissen dahinschütten auf dass sie sich darin die Füße befeuchten sollten.

An dieser Ecke begann er seinen Monolog, den er jahrelang aufgezogen und geformt hatte. Er machte sich auf die Suche nach dem Ersten, dem Einen, dem Guten An-sich. Seine Reise durch die Welt der Metaphysik begann im alten Babylon, da dort der Geist des Menschen seinen ersten Ursprung im Keime gefunden hatte. Dazu stellte er sich vor, wie es ist das Denken zu denken, indem er den Mensch zu sich selbst holte. Im Denken ist der Mensch bei sich. Mit viel Eifer, Hingabe und Sorgfalt steckte er die Grenzen des menschlichen Denkens ab. Hin zum Fühlen und gegen den Glauben. Gegen das Sosein und die Wirkung. Dabei rammte er die Pfähle mit der ihm größtmöglichen Wucht in den Boden, sodass selbst die Titanen ein Zittern zu spühren wussten. Er beging keinen Fehler und proklamierte die reine Wahrheit. Die erste Ursache als wohl formulierte Häppchen in Form von Wörtern am Rande zur Unbestimmtheit war geboren!

Der Gehweg wurde zur Unterlage für den feingliedrig gewebten Teppich aus Syllogismen. Er breitete alles vor den Menschen, die vorbeilaufen, aus. Er sah den Mensch, wie er war und wie er immer sein wird. Er legte sein eigenes Ich darnieder um der Mensch an-sich zu werden.

Doch die Passanten nahmen keine Notiz von ihm. Er und seine Gedanken wurden hinweg getrampelt und die Welt nahm ihn nicht wahr. Es war als hätte er nie durch die Gassen getönt und die Argumente wären nie an ihren Platz gefallen. Der Mensch nahm sich selbst nicht wahr.

Er musste nun, nachdem er dies eingesehen hatte, eine Brücke schlagen - eine Brücke von Menschen zum Menschen. Noch bestand in ihm kein Zweifel am Menschen und er hatte nichts missachtet an dessen Wesen. Doch die einst so manifesten Reden wurden schief und verzweifelt. Seine Gefühlsausbrüche wurden häufiger und diese fanden zu dessen Erstaunen einiges an Beachtung. Doch sobald er zu seiner Botschaft zurück gefunden hatte, blickte jeder wieder durch ihn hindurch, aber nicht hinter ihn. Die Menschen beachten nur seinen Zweifel doch sehen an seiner Fassade nicht dessen Ursache.

Eines Tages konnte er nicht mehr anders, als den Mensch zu erkennen. Doch damit ging die Möglichkeit verloren das An-sich in Worte zufassen. Die Emotionen aus dieser Erkenntnis brachen aus ihm heraus und schlugen hart und laut auf der Straße auf. Mehr und mehr Passanten wichen aus oder fingen auf. Sein Ausbruch der Verzweiflung fand Sätze und Gedanken, war aber ohne Wurzeln. Sein fein gewobener Teppich wurde getränkt in Farben, Gerüche und Getöne. Dabei stolperten die Passanten über sein Werk und blieben liegen. Sie suhlten sich schamlos im Dreck der Emotionen und Sinne.

Er entfremdete sich immer mehr von sich selbst, doch die Beachtung stieg. Er musste sich die Frage stellen, was er noch bezwecken wollte. So groß waren seine Pläne und seine Bestimmung gewesen.

Doch es kam der Tag an dem er kapitulierte. Zu sehr waren sein Teppich und sein Wesen besudelt und verändert worden. Seine Worte wurden Fetzen und seine Gedanken bloße Molasse. Sein Wissen wurde deformiert. Doch schließlich sprang er durch das Gebüsch und wurde vom größten Chaos angestrahlt. Doch in diesem Moment schien die Masse einzufrieren. Die Stadt war still stehend. Seine Sätze waren verschwunden, das Denken wurde im Äther zersetzt, seine Silben waren nicht mehr Produkt seines Verstandes. Die Welt war auf einmal gebannt in der Unordnung. Der Mensch musste erst zerbrochen werden, um ihn beschreiben zu können. Nicht mehr die Ordnung der Geistes und Normen der Ethik waren die Zugpferde des philosophischen Schaffens. Das Abbild des Denkens bekam faserartige Auswüchse, die unbeholfen hervorstanden und immer mehr Passanten verfingen sich darin. Die chaotische Zerfaserung birgt unendliche Möglichkeiten der Anteilnahme eines jeden Passanten. Ein jeder Fehler des Teppichs war Resultat eines falschen Schlusses oder einer ungehemmten Emotion. Nicht die Einheit sondern Vielheit ist der Mensch.

Mittlerweile hat er es verstanden. Er suhlt sich schamlos mit der Menge in der Molasse seines eigenen Schaffens. Sein Genie ist aufgelöst im Chaos und der Bedeutungslosigkeit. Die Welt ist auf seinem Teppich zusammengestürzt.

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